Über den Tellerrand schauen! Teil4

Teil 4 – Ramadan und Koran

Wer sich Gott völlig hingibt und dabei Gutes tut, dessen Lohn steht für ihn bei seinem Herrn. Und sie soll keine Furcht überkommen, noch sollen sie traurig sein.“ Was beinahe wie ein Bibelzitat klingt, ist in Wahrheit ein Vers aus dem Koran (Sure 2, Vers 112). Vergleichbare Stellen finden sich überall in beiden Heiligen Schriften: der Bibel und dem Koran.

Ein(e) Muslim(a) erinnert sich während des Ramadans daran, dass sich Mohammed immer wieder in eine Höhle im Berg Hira in der Nähe von Mekka zurückzog, um dort zu meditieren.

Im Jahre 610 n. Chr. hat er während einer solchen Einkehr sein erstes Offenbarungserlebnis. Der Erzengel Gabriel erscheint mit einem beschriebenen Seidentuch, ergreift Mohammed, drückt ihn fest an sich und lässt ihn erst wieder los, als dieser völlig erschöpft ist. Dann fordert der Erzengel ihn auf: „Lies!“

Nach viermaliger Aufforderung fragt Mohammed schließlich aus Angst: „Was soll ich lesen?“ Und der Erzengel fährt fort: „Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat, den Menschen erschaffen hat aus einem Anhängsel.“ (Sure 96, Vers 1-2) Der Engel trägt ihm daraufhin die ersten Koranverse vor.

Bis zu seinem Tod 632 erscheint Mohammed immer wieder der Erzengel Gabriel, der ihm den gesamten Koran übergibt als eine Rechtleitung – wie ein Mensch also recht leben soll.

Auch in der Bibel finden sich Anweisungen, wie ein gläubiger Mensch zu leben hat, was er/sie zu tun oder zu lassen hat. Und im Koran gibt es – wie in der Bibel – auch Adam, Abraham (Ibrahim), Moses (Musa), aber auch Maria (Maryam) und Jesus (Isa Ibn Maryam).

In beiden Büchern sind überraschend viele inhaltliche Parallelen auszumachen: Es geht um Gott als den Schöpfer und Richter der Welt, um die Begegnung von Menschen mit Gott, aber auch um Sünde, Verfehlung und eine Lebensordnung.

Während des Ramadans erinnert man sich also daran, dass der Koran den Menschen offenbart wurde. Der Ramadan gilt als eine besonders heilige Zeit und wird in diesem Jahr vom 2. April bis 2. Mai 2022 gefeiert.* Es ist der Monat, in dem Gott zu den Menschen spricht, und die Gläubigen die Möglichkeit haben, sich intensiv mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen, und das ist mehr als nur zu fasten.

Manche Christen setzen sich mit dem Glauben auseinander, indem sie sich bewusst entscheiden, für ein paar Tage oder Wochen in ein Kloster zu gehen. Andere setzen sich bewusst in der Passionszeit mit ihrem Glauben auseinander, wenn es heißt 7-Wochen-ohne.

Dabei wäre es wichtig, dass wir Christen uns immer wieder mit dem eigenen Glauben auseinandersetzten und ihn anderen erklären könnten. Gerade wir Evangelischen sprechen vom Priestertum aller Gläubigen, darum sollten wir keine Angst haben, über den Glauben zu reden, denn für viele ist unser Glaube etwas Fremdes, und das muss erklärt werden.

Also setzen wir uns mit dem Glauben auseinander, denn es geht doch nur um eines: um die Botschaft Gottes!

Ihre Pfarrerin
Christiane Fiebig-Mertin

* Da sich der Islam nach dem Mondkalender richtet, und nicht nach der Sonne oder dem Gregorianischen Kalender, hat das islamische Kalenderjahr nur 354 statt 365 Tage. Dadurch verschiebt sich der Ramadan – in unserem Kalender – um jeweils zehn oder elf Tage pro Jahr nach vorn.

Und in der KA-Ausgabe Mai: Der Tag der Arbeit

Lesen Sie in Teil 1 unserer Serie „Über den Tellerrand schauen“ mehr über andere Kalender: Buddhismus, Judentum, Islam.

Lesen Sie in Teil 2 unserer Serie „Über den Tellerrand schauen“ mehr über die Wahl des neuen Bundespräsidenten.

Lesen Sie in Teil 3 unserer Serie „Über den Tellerrand schauen“ mehr über den Aschermittwoch.


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