Seit den Zeiten des Psalters haben Menschen gesungen, zum Lob Gottes und zur Freude der Menschen. Der Kirchenvater Augustin (354-430) schrieb: „Quis cantat – bis orat“, „Wer singt, betet doppelt“. Dieser Satz war Luther als Augustinermönch wohlbekannt.
Auf Initiative Martin Luthers wurden neue evangelische Lieder gedichtet und gesammelt, und mit dem Singen wurde das Evangelium unter die Leute gebracht. Vor 500 Jahren, also 1524, erschienen die ersten evangelischen Gesangbücher. In Nürnberg erscheint das sogenannte „Achtliederbuch“. In Erfurt wird das Erfurter Enchiridion (Handbüchlein) gedruckt und Johann Walter veröffentlicht sein Geistliches Gesangbüchlein, das damit zum ersten Evangelischen Chorgesangbuch wurde.
In den folgenden fünf Jahrhunderten haben unzählige Herausgeber und Gesangbuchverleger folgenden Satz Luthers aus seiner Vorrede im Babstschen Gesangbuch (erschienen 1545) beherzigt:
„Darumb thun die drucker sehr wol dran, das sie gute lieder vleissig drucken, und mit allerley zierde den leuten angeneme machen, damit sie zu solcher freude des glaubens gereitzt werden, und gerne singen.“
Und so wurde im Lauf der Jahrhunderte das Gesangbuch für viele Christenmenschen zum Grundbuch ihres Glaubens und zum festen Bestandteil ihres Lebens in Alltag und Gottesdienst.
Unzählige Gesang- und Liederbücher mit geistlichen Liedern sind in diesen 500 Jahren gedruckt worden. Zur Zeit wird am nächsten Evangelischen Gesangbuch gearbeitet.
Das Jubiläum 2024 ist schöner Anlass intensiver u.a. über einzelne Lieder nachzudenken und etwas über Liederdichter:innen zu erfahren, z.B. über das 1524 erschienene Lied: „Herr, Christ, der einig Gottes Sohn“ von der Dichterin Elisabeth Crucinger. Es ist ein sprachlich schönes, ein theologisch dichtes Ephiphaniaslied, das den Text vom Morgenstern, von der Verklärung Christi und von einern innigen Jesusliebe erzählt. Das Gedicht der Elisabeth Crucinger wird durch das Singen zu einem Gebet.
1500 wurde Elisabeth von Meseritz in ein polnisches Adelsgeschlecht geboren und schon als Kind ins Prämonstratenserinnenkloster Marienbusch nach Treptow an der Rega gebracht.
Sie hatte Unterricht im Lesen und Schreiben, lernte Latein und befasste sich mit Bibelstudium und Psalmengesängen. Durch Johannes Bugenhagen lernte sie das reformatorische Gedankengut kennen, konvertierte zum lutherischen Glauben, verließ 1522 das Kloster und ging nach Wittenberg, wo sie im Haushalt Bugenhagens lebte und 1524 den Theologen Caspar Cruciger heiratete (einen Schüler und Mitarbeiter Martin Luthers).
Als Pfarrfrau beteiligte sie sich auch an den theologischen Tischgesprächen und gilt als erste Kirchenliederdichterin der evangelischen Kirche.
In der nächsten Ausgabe lesen Sie etwas über das Lied: „Der Herr ist mein getreuer Hirt“ (eg 274) und den Komponisten Johann Walter (1496-1570)