in unsere Martin-Luther-Kirche
Ja, Sie haben richtig gelesen: An seinem Geburtstag, dem 10. November, kommt er persönlich zu Besuch. Wir, seine Gäste, sind sehr gespannt!
Da bahnt er sich schon seinen Weg durch das Publikum nach vorne mit Barett und Umhang und ruft: „Leute, ich habe die Nase gestrichen voll!“ Er will nicht mehr immer nur der Reformator sein.
Wie bitte?
Er legt Barett und Umhang ab und beginnt: Das strenge Leben in seiner Familie, verschiedene Städte, Universitäten, Depressionen – der ganze Weg eines suchenden Menschen.
Aber die Musik ist für ihn immer ein Trostmittel. Und dann kommt das Gelübde, Mönch zu werden. Zum ersten Mal ist nun nicht mehr sein Vater, sondern die Kirche für ihn die höchste Autorität. Aber er sucht dennoch seine eigene Spur – er will nicht angeleitet werden.
Auf seinen verschiedenen Wegen „schaut er dem Volk genau auf’s Maul“ und sucht neue Worte auf dem Weg zu Gott.
Er liest die Bibel im Urtext, besucht Rom, wo ihn die Ablässe schwer beeindrucken und lehrt anschließend in Wittenberg als Doktor der Heiligen Schrift mit Spaß am Disputieren und scharfem Verstand. Seine Erkenntnis, dass man nur durch den Glauben Gnade erlangen kann, wird für ihn zum Kern seiner Theologie.
Mit Katharina von Bora, seiner späteren Frau, bekommt seine Sichtweise auf die Welt noch eine ganz neue Dimension. Die Familie beflügelt ihn in seiner Arbeit, und seine Frau Katharina, die ihre selbstbestimmte Freiheit nicht aufgibt, hält ihm den Rücken frei für seine gesamte Theologie.
Menschliche Höhen und Tiefen bleiben ihm nicht erspart. Er verliert mehrere Kinder, an denen er sehr hängt. Ihr Tod ist für ihn ein kaum erträglicher Verlust, der ihn schwer belastet. Aber er darf erfahren, wie die Familie das Leid gemeinsam trägt, und so empfindet er sein vorheriges Leben im Zölibat als wertlos, schal und vergeudet. Ja, er sagt sogar einmal: „Der Zölibat ist die Hölle“.
Sein Fazit: „ich bin nicht nur Reformator, sondern auch Mensch“. Und plötzlich wird aus Martin Luther wieder Bernd Schüren, der uns 500 Jahre zurückversetzt und uns einen grandiosen Einblick in das Leben vom Menschen Martin gegeben hat.
Doris Rosocha
Szenische Schauspiel-Lesung von und mit Bernd Schüren
Über Martin Luther, sein Wirken und die Folgen seiner Worte und Taten, ist jahrhundertelang unendlich viel gesagt und geschrieben worden, auch in den modernen Medien. Dabei wurde er meistens auf seine Rolle als Reformator reduziert.
Er hat die Nase gestrichen voll, denn es passt ihm ganz und gar nicht, dass man ihn nur als den großen Reformator sieht. Er war doch auch Kind und Schüler – wie wir alle –, Student, Mönch, Dozent, Ehemann und Vater!
Nach einem halben Jahrtausend hat Luther jetzt endlich beschlossen, zu alledem nicht länger zu schweigen, sondern mal von sich selbst zu erzählen, von seinen Gefühlen und Wünschen, seinen Freuden und Leiden, seiner Frau und seinen Kindern. Und wie es so seine Art ist, nimmt er dabei kein Blatt vor den Mund.
Bernd Schüren zeigt in erster Linie den Menschen Luther, und eben nicht den Reformator. Er holt ihn in unsere Mitte, gibt uns das Gefühl, ihm nahe zu kommen, und lässt ihn die Sprache der heutigen Zeit sprechen, ohne die sprachlichen Wurzeln seiner Zeit zu verleugnen. Entdecken Sie in dieser Szenischen Schauspiel-Lesung neue Seiten des Namensgebers unserer Kirche.
Regie: Stefan Filipiak
Beratung: Hans Ulrich Rosocha
Buch: Bernd Schüren