Am Samstag, den 24.2.2024 fand um 10:00 Uhr in unserem Gemeindehaus das diesjähriges Gemeindefrühstück statt. Was vor einigen Jahres als Frauenfrühstück begann wird inzwischen auch von den Herren in der Gemeinde gerne angenommen.
Unter dem Motto Flüchtlinge in der Bibel lud Pfarrerin Christiane Fiebig-Mertin zu einem gemeinsamen Frühstück mit Vortrag zu diesem Thema und anschließendem Gedankenaustausch ein. Nach einer ersten Stärkung an unserem Frühstückstisch begann Christianes Vortrag über das Thema Flucht und Vertreibung in Verbindung mit bekannten Personen aus der Bibel zunächst mit einigen Grundlagen:
Flucht ist das Ausweichen aus einer Lebenssituation, die als unangenehm oder nicht bewältigbar empfunden wird. Gründe können sein: Gefahren wie Krieg, Hungersnot, Umweltkatastrophen, Religionsstreit.
Vertreibung bezeichnet eine mit Gewalt oder deren Androhung erzwungene Migration, meistens von religiösen oder ethnischen Minderheiten, die genötigt werden, ihre angestammte Herkunftsregion zu verlassen. Im Unterschied zur Deportation, die Zwangsumsiedlungen innerhalb eines Herrschaftsbereichs bezeichnet, erfolgt die Vertreibung über Staatsgrenzen hinweg. Sie ist unumkehrbar und endgültig.
Die ersten uns bekannten Vertriebenen im Alten Testament, waren Adam und Eva. Sie wurden aus dem Garten Eden vertrieben, weil Eva auf Empfehlung einer Schlange Gottes klarem Verbot zum Trotz einen Apfel probierte und diesen auch ihrem Partner Adam zum Verzehr anbot. Diese Gesetzesübertretung hatte Gottes prompten Rausschmiss aus dem Garten Eden zur Folge.
Es folgte als nächster Flüchtling ihr Sohn Kain, der aus Neid und Eifersucht seinen Bruder Abel erschlug und ebenfalls von Gott zu lebenslanger Flucht verurteilt wurde.
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass auch Abraham, Begründer der drei Abrahamischen Religionen, sich weite Teile seines Lebens auf der Flucht befand.
Abraham war nach heutigen Maßstäben betrachtet ein Wirtschaftsflüchtling. Weil in Kanaan eine schwere Hungersnot herrschte, suchte er mit Familie Zuflucht in Ägypten. Seine Frau Sarah gab er aus Angst von potenziellen Verehrern ermordet zu werden, als seine Schwester aus.
Auch Abrahams Sohn Isaak floh vor einer Hungersnot nach Gerar, wo er freundlich empfangen wurde. Doch als er immer mehr Besitz anhäufte, schickte Abimelech, der Philisterkönig, Isaak weg.
Jakob, Isaaks Sohn, floh zu seinem Onkel nach Haran um nicht ermordet zu werden. Nachdem Jakob seinen blinden Vater durch eine List dazu gebracht hatte, ihn statt seines älteren Bruders Esau zu segnen, trachtete der Betrogene ihm nach dem Leben.
Auch David floh vor einem Familienmitglied, seinem eigenen Schwiegervater König Saul, der mehrfach gedroht hatte, ihn umzubringen und versuchte ihn mit einem Speer zu durchbohren. Der König verfolgte David hartnäckig, denn er sah in ihm eine Bedrohung für sich und seinen Sohn Jonatan, und er versuchte Jonatan auch davon zu überzeugen, sich ebenfalls gegen dessen Freund zu wenden. Davids Flucht führte ihn an unterschiedliche Orte und Im Lauf der Zeit schlossen sich ihm etwa 400 Verfolgte oder Verschuldete an,
Die Erzählungen von Mose sind mit dem Auszug der Israeliten aus Ägypten und der Gesetzgebung während der Wanderung durch die Wüste verbunden. Doch die Bibel beschreibt auch die Flucht Mose nach Midian: nach der Tötung eines ägyptischen Aufsehers floh er vor dem Pharao aus Ägypten und ließ sich in Midian nieder, wo er eine Familie gründete. Er blieb dort, bis ihm, wie im 2. Buch Mose beschrieben, der Engel Gottes in einem brennenden Dornenbusch erschien und Mose aufforderte nach Ägypten zurückzukehren, um sein Volk aus der Sklaverei zu befreien.
Jesus wurde schon als Kind zum Flüchtling. Herodes ließ in Bethlehem alle Buben bis zum Alter von zwei Jahren töten, in der Hoffnung den angekündigten Messias, der ihm gefährlich werden könnte, umzubringen. Jesus kam mit seinem Leben davon, weil Maria und Josef nach der Warnung mit ihm nach Ägypten zogen. Nach dem Tod von Herodes gingen sie nach Nazareth in Galiläa.
Die Bibel beinhaltet viele Geschichten von Menschen auf der Flucht, und von offenen Gesellschaften, die sie empfingen, aber sie erzählt gleichsam auch davon, wie Fremde wieder weggeschickt wurden.
Eine vielzitierte Stelle im Neuen Testament stammt aus dem Matthäusevangelium und endet mit dem Satz Jesu: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25, 34-40)
Frage an die Teilnemer: „ Kann man vor Gott fliehen“? Antwort: Nein, Psalm 139,9: Und würde ich die Flügel der Morgenröte nehmen und flöge davon, so wärst du, Gott dennoch da.
Dem Vortrag folgte ein reger Gedankenaustausch der Frühstücksteilnehmer, von denen einige zum Thema Flucht und Vertreibung Geschichten aus der eigenen Vergangenheit beisteuerten. Wir dankten Christiane Fiebig-Mertin für diesen interessanten und spannenden Vormittag.
Christiane Fiebig-Mertin/Ulrike Zimmermann