Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete? (Lk 24,32)

Liebe Gemeinde!
Da Sie diese Andacht lesen, gehe ich davon aus, dass Ihnen Begriffe wie „Passion“, „Ostern“, „Taufe“, „Konfirmation“ vertraut sind und Sie diese auch mit mehr Inhalt füllen können als den kurzen Zusätzen: „Leidenszeit Jesu Christi“, „Christi Auferstehung“, „Aufnahme in die christliche Gemeinschaft“, „Bestätigung der Getauften“.
All diese Feste werden in den kommenden Wochen gefeiert – hier bei uns in der Gemeinde und auch überall dort auf der Welt, wo der christliche Glaube, die Menschen begeistert. Eine Begeisterung, die weiter gereicht werden möchte.
Doch manchmal frage ich mich, wo diese Begeisterung geblieben ist – zumindest hier in Deutschland, wo Menschen immer weniger davon davon erzählen in den Familien? Wir haben nicht mehr viele junge Menschen, die Theologie studieren oder die Orgel lernen wollen. Und die Gründe, warum jemand austritt, sind oft Ärger und Geld, aber auch Unwissenheit und Desinteresse. Für sie ist die Bibel kein offenes, sondern ein geschlossenes Buch. Nur noch 47 % der Deutschen verbinden mit Ostern die Auferstehung Jesu Christi.
Kennen Sie den Ausspruch: „Tradition bedeutet nicht, Asche zu bewahren, sondern das Feuer weiterzugeben!“ (Falls jemand den Urheber des Ausspruches kennt, bitte mir sagen).
Ich muss – wenn ich den Spruch höre – an eine Kerze denken, deren Licht in der Dunkelheit leuchtet. Doch es müssen neue Kerzen angezündet werden, damit das Licht weiter leuchtet. Die alte Kerze wird nicht ewig brennen.
Ich muss an einen Ofen denken, der spürbar wärmt, bis niemand mehr genügend Kohle nachlegt und das Feuer schließlich erlischt. Was dann übrigbleibt – die Asche – kann nur begraben werden.
So ist es auch mit dem Glauben. Wenn wir sein Feuer nicht weitergeben, was dann?
Alles am Ende?
Können wir dann nach Hause gehen, so wie jene zwei Männer auf ihrem Weg von Jerusalem nach ihrer Heimatstadt Emmaus? Das Feuer des Glaubens, das noch vor ein paar Tagen – vor dieser schrecklichen Katastrophe – in ihnen brannte ist erloschen. Traurig und fassungslos sind sie unterwegs. Sie diskutieren, wer war jetzt dafür verantwortlich?
Wofür ihr Herz einst brannte – für Hoffnung, Liebe, Zuversicht, eine neue unvorstellbare Zukunft – ist erloschen.
Wofür ihr Herz einst brannte – für diesen Jesus aus Nazareth- ist zur Asche geworden, denn er ist tot. Ihr Glaube an Gott ist tot. Und sie wollen nur noch zurück ins Alte und Vertraute, auch wenn sie das doch schon lange hinter sich gelassen hatten.
Doch da gesellt sich ein Mann zu ihnen und unterhält sich mit ihnen.
Wo kommt ihr her? Aus Jerusalem! Warum seid ihr so traurig? Unser Lehrer und Herr ist tot! Wer war euer Lehrer?
Der Fremde unterhält sich mit ihnen, fragt nach und erzählt ihnen dann auf eine unnachahmliche Weise von dem geheimnisvollen Heilsplan Gottes. Und er öffnet ihnen die Augen, vor allem die Augen des Herzens.
Und auf einmal erkennen sie: „Dies ist Jesus Christus, um den wir trauern, auf den wir all unsere Hoffnung gesetzt haben und der uns stets den richtigen Weg gewiesen hat.“
Diese Erkenntnis fällt ihnen wie Schuppen von den Augen und sie sagen zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?“
Da ist es wieder, das „brennende Herz“! Doch nicht das Herz, das gestern einmal gebrannt hat, sondern das Herz, das heute zu neuem Glauben, zu neuer Liebe und zu neuer Hoffnung entzündet worden ist. Und die beiden kehren um. Sie wollen nicht mehr zurück in die Vergangenheit, sondern mit Zuversicht und Hoffnung in die Zukunft gehen und die brandneue Nachricht weitergeben: Jesus lebt!
Der Funke der Liebe soll weitergegeben werden.
Wie sehr wünsche ich es mir auch für unsere Kirchen und Gemeinden, dass sie nicht nur die „Asche der Tradition“ bewahren, sondern die Menschen zu neuem Glauben an den Auferstandenen und zu neuer Hoffnung entflammen, und diese Liebe hineintragen in die Welt.
Doch wie das so ist mit der Erneuerung: Sie fängt niemals „irgendwo“ an, sondern immer bei uns selbst!
In diesem Sinne – frohe Ostern!
Ihre Pfarrerin
